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Deschamps' feine Spitzen nach dem "grausamen" WM-Finale

Frankreich hadert mit der ersten Hälfte - und dem Referee

Deschamps' feine Spitzen nach dem "grausamen" Finale

Diesmal nur Silber: Didier Deschamps entledigt sich nach dem verlorenen Finale in Doha seiner WM-Medaille.

Diesmal nur Silber: Didier Deschamps entledigt sich nach dem verlorenen Finale in Doha seiner WM-Medaille. AFP via Getty Images

Katars Emir streifte Lionel Messi für die Siegerehrung sogar ein traditionelles Gewand über, und natürlich wollte auch Emmanuel Macron die WM-Finalbühne für seine Zwecke nutzen.

Also tröstete Frankreichs Staatspräsident den nicht sonderlich interessierten Kylian Mbappé auf dem Rasen, flüsterte ihm bei der Siegerehrung sekundenlang aufmunternde Worte ins Ohr ("Ich habe ihm gesagt, dass er erst 23 Jahre alt ist") und hielt in der Kabine eine Ansprache, die Kapitän Hugo Lloris als "stark" bezeichnete. "Sie haben uns unglaublich stolz gemacht", lobte Macron den nun nicht mehr amtierenden Weltmeister. "Sie waren dem Ziel so nahe."

Didier Deschamps hätte trotzdem lieber 0:3 verloren: "Dann hätten wir einfach nur gratuliert." Stattdessen kämpfte sich seine Elf dank Mbappé nach einem 0:2- und 2:3-Rückstand ins Elfmeterschießen, um erst dort Argentinien zu unterliegen. Und so beließ es Frankreichs Nationaltrainer ("Am Ende ist es grausam") eben nicht bei der Gratulation.

Deschamps hadert mit Argentiniens "Gerissenheit" und dem Referee

Deschamps haderte mit den ersten 60 Minuten, in denen es "kein Spiel" gegeben habe, weil "mehrere wichtige Spieler" "aus unterschiedlichen Gründen" nicht die gewohnte "Energie" gezeigt hätten - wobei das zuvor grassierende Virus im französischen Camp zumindest bei den Startelfspielern kein Thema gewesen sei. "Wir wurden in allen Bereichen aufgefressen", ärgerte sich Lloris.

Deschamps haderte mit der vergebenen Großchance - einem "WM-Ball" - durch Randal Kolo Muani, der seinen ansonsten starken Jokereinsatz in der Nachspielzeit der Verlängerung nicht mit dem 4:3-Siegtreffer gekrönt hatte, sondern im Eins-gegen-eins an Emiliano Martinez gescheitert war. Zuvor hatte Deschamps seine fahrige, gar abwesend wirkende Elf mit seinen teils frühzeitigen Wechseln nach und nach wieder belebt (wobei es zunehmend unmöglich wird, bei sieben Auswechslungen kein "glückliches Händchen" zu beweisen).

Deschamps haderte mit den Argentiniern, denen er zwar mehrmals fair gratulierte, neben ihrer "hohen Qualität und Aggressivität" aber auch explizit ihre "Gerissenheit" erwähnte, "die wir erwartet hatten". Immer wieder hatten Cristian Romero & Co. die Franzosen mit kleineren und größeren taktischen Fouls ausgebremst und Psychospielchen aller Art eingebaut.

Ich habe mir vor dem Finale erlaubt zu sagen, dass Argentinien nicht unglücklich war, und werde nach diesem Spiel nicht das Gegenteil sagen

Didier Deschamps

Und Deschamps haderte mit dem Schiedsrichter, der diese Aktionen aus seiner Sicht zu wenig unterband. "Ich hatte gehofft, dass Sie mir diese Frage nicht stellen", lächelte der Trainer, als er auf Szymon Marciniaks Leistung angesprochen wurde. "Ich werde vorsichtig sein mit dem, was ich sage. Er hätte schlechter sein können, er hätte besser sein können." "L'Equipe" gab Marciniak wütend nur zwei von zehn Punkten und kritisierte vor allem die fehlenden persönlichen Strafen für einige Argentinier. "Ich habe mir vor dem Finale erlaubt zu sagen, dass Argentinien nicht unglücklich war (im Turnierverlauf, Anm. d. Red.), und werde nach diesem Spiel nicht das Gegenteil sagen", lautete Deschamps' feine Spitze. Von seinem Gespräch mit Marciniak nach dem Schlusspfiff wollte er keine Details preisgeben.

So beließ es Deschamps - ganz der souveräne "General" - in seinem Frust bei Andeutungen und hielt sich auch seine persönliche Zukunft weiter offen. "Selbst wenn wir gewonnen hätten, würde ich diese Frage heute nicht beantworten", sagte er und verwies auf ein Treffen mit Verbandschef Noel Le Graët zu Beginn des neuen Jahres. Dann steht noch ein weiterer Termin an: ein Empfang bei Staatspräsident Macron.

jpe

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