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League of Legends: Vitality-Neuzugang 'Tifa' im Interview

League-of-Legends-eSportlerin im exklusiven Interview mit kicker eSport

Vom Freak zur Biene: 'Tifa' will als Vorbild an die Weltspitze

Eine neue Biene im Stock: Seit Jahresbeginn gehört 'Tifa' zu Team Vitality und den Rising Bees.

Eine neue Biene im Stock: Seit Jahresbeginn gehört 'Tifa' zu Team Vitality und den Rising Bees. Team Vitality

Leidenschaft ist sicherlich nicht alles, was es braucht, um eine erfolgreiche Karriere im eSport hinzulegen. Und doch kann man bei Alena 'Tifa' Maurer durchaus davon sprechen, dass sie verhältnismäßig früh an Videospiele herangeführt wurde und sie dabei schnell ein gewisses Feuer packte. "Mit vier Jahren", verrät Maurer, "hat alles angefangen". Damals noch mit Tekken und Crash Bandicoot auf der ersten PlayStation im Kreise ihrer Cousins. Eine Begegnung mit Folgen: "Schon als Kind habe ich in mein Freundschaftsbuch geschrieben, dass ich später Pro-Gamerin werden will."

'Tifa' und die Rising Bees

  • Alena 'Tifa' Maurer ist seit 2015 im LoL-eSport aktiv
  • Im Januar wechselte sie von G2 zu Team Vitality
  • Mit ihrem neuen Team, Rising Bees, tritt sie in LoL-Wettbewerben für Frauen an
  • Die französische Organisation zählt zum Teilnehmerfeld des französischen "Coupe des Etoiles" und der EMEA-Serie "PATHFINDERS"

Gut 26 Jahre sind seither vergangen, in denen die einstige G2-Spielerin sich von der Konsole zum Computer und dort zu League of Legends orientierte. Eine Entscheidung, die auf einer LAN-Party mit Freunden reifte. "Ich wollte am Anfang nicht spielen, aber sie haben mich dann irgendwann überredet." Früchte trugen diese Überredungskünste bereits bei der Auswahl des Champions: "Als ich Ahri gesehen habe, fand ich sie direkt perfekt und mir wurde sofort klar: Das Spiel ist etwas für mich. Es hat einfach Spaß gemacht, sie zu spielen." 

Es fühlte sich oft so an, als ob man ein extrem gutes Spiel braucht, um als Frau Anerkennung zu bekommen.

Alena 'Tifa' Maurer

Schnell habe Maurer sich nach ihren ersten Versuchen mit Begeisterung in das Erfolgsspiel von Riot Games eingearbeitet und folgerichtig Fortschritte gemacht, die jedoch nicht überall auf Gegenliebe stießen. So hätten manche Freunde sich infolge ihrer Leistungssprünge von ihr distanziert "und mich als Freak oder ähnliches beleidigt".

Aussagen, die 'Tifa' auch innerhalb des Spiels immer wieder begegnen, in dem sie wiederholt aufgrund ihres Geschlechts angegangen wurde und wird. "Wenn man ein schlechtes oder normales Spiel zeigt, ist man direkt geboosted (von einem besseren Spieler auf ein höheres Level gespielt worden, Anm. d. Red.). Hat man ein gutes Spiel oder einen höheren Rang, dann war es Glück oder der Champion, den man spielt, ist zu stark", fasst sie zusammen und hält fest: "Es fühlte sich oft so an, als ob man ein extrem gutes Spiel braucht, um als Frau Anerkennung zu bekommen."

Wieso 'Tifa' angehenden eSportlerinnen zu Fehlern rät

Dass Maurer sich diese Anerkennung erarbeitet hat, ist für sie gerade aufgrund des Gegenwinds alles andere als selbstverständlich. Beleidigungen könnten "zu einem unsicheren Verhalten und vielleicht sogar Spielstil führen, bei dem man Angst hat, Fehler zu machen, weil man sonst verurteilt wird". Dabei seien gerade diese Fehler wichtig, da sie "einen nur besser machen". 

Hinsichtlich toxischer Kommentare sei die beste Antwort, stark zu bleiben und den Kern der Äußerungen zu erfassen. "Häufig geht es in Beleidigungen nicht um die Leistung, sondern um das Geschlecht oder sogar das Aussehen", so 'Tifa', die zudem auf eine insgesamt positive Entwicklung verweist: "Es hat sich die letzten Jahre meiner Meinung nach stark verbessert." Ein Umstand, den man durch eigene Leistung sogar noch beschleunigen könne. "Je mehr man sich als Frau einen Namen in der Szene macht, desto weniger passiert es. Mit der Zeit sehen Spieler irgendwann die Leistung und nicht das Geschlecht oder negative Stereotypen."

Ihr Rat an junge Gamerinnen und angehende eSportlerinnen ist daher klar: "Lebt euren Traum und gebt nicht auf. Fehler machen ist okay, denn die machen euch nicht nur besser, sondern sie unterlaufen auch 'Faker' und Co. Vorwürfe machen sollte man sich erst, wenn man nicht versucht hat, seinem Traum nachzugehen." 

Ich wünschte, es gäbe mehr weibliche Vorbilder im eSport.

Alena 'Tifa' Maurer

Dass Maurer auf Sang-hyeok 'Faker' Lee verweist, der sich 2023 zum vierten Mal zum LoL-Weltmeister krönte und gemeinhin als erfolgreichster und bester League-Spieler aller Zeiten gilt, ist dabei kein Zufall. Der Südkoreaner ist eines der sportlichen Vorbilder der Team-Vitality-Akteurin. "Ich wollte immer so sein wie 'Faker' oder 'Caps' von G2", verrät die Midlanerin, die im selben Atemzug erklärt, dass dies auch an mangelnder weiblicher Repräsentation liege. "Ich wünschte, es gäbe mehr weibliche Vorbilder im eSport. Wenn es eine Frau auf diesem Niveau von 'Faker' geben würde, wäre das sehr schön."

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Während 'Tifa' ihre ersten Schritte ging, gab es dies jedoch nicht. Weshalb sie innerhalb des Gamingkosmos' anderweitig auf die Suche nach Aushängeschildern ging.

"Das kling vielleicht blöd, aber ich glaube, meine größten Vorbilder waren tatsächlich digitale weibliche Figuren, mit denen ich mich identifizieren kann." Darunter etwa ihr allerster Champion, Ahri, oder eine der Final-Fantasy-VII-Protagonistinnen, Tifa Lockheart, von der sich Maurers Gamertag ableitet. "Das sind zwar nur fiktive Figuren, aber ihre charakterlichen Werte und Stärken haben mich motiviert und inspiriert." Was zu diesen Werten und Stärken zählt? "Nie aufzugeben, kämpfen zu können, aber sich auch um andere zu kümmern und hilfsbereit zu sein."

Vorbildrolle wäre "ein kleiner Traum"

In die Welt tragen will 'Tifa' diese Eigenschaften, indem sie versuche, "sowohl im Spiel als auch außerhalb immer mein Bestes zu geben, andere zu motivieren, täglich an mir zu arbeiten und positiv zu sein". Auch mit dem Wunsch, selbst zu dem weiblichen Vorbild im eSport zu werden, das sie nicht hatte.

"Das wäre ein kleiner Traum und es würde mich sehr freuen, wenn ich auch nur für einen Menschen als ein Vorbild fungieren würde", sagt Maurer und verrät, das dies hier und da bereits vorkomme: "Manchmal schreiben mich Personen an und sagen, sie finden es toll, was ich mache oder sie würden gerne so sein wie ich. Das ist eine sehr große Ehre."

Was den weiblichen eSport auf das nächste Level heben könnte

Damit sie nicht allein bleibt und immer mehr Frauen sich im eSport einen Namen machen und zu Aushängeschildern werden können, hat 'Tifa' klare Vorstellungen. Denn auch wenn sich "in den letzten Jahren sehr viel bewegt" habe und "das Niveau der Spielerinnen immer besser wird", gibt es noch viel zu tun.

"Professionell aufgebaute Turniere und Ligen, die das Ganze spannend für Fans verpacken, werden dringend gebraucht und würden mich unheimlich freuen", unterstreicht sie mit Nachdruck und verweist dabei auch auf den Equal Esports Cup, an dem sie selbst regelmäßig teilnimmt: "Solche Inklusionsangebote sind richtig und wichtig. Positive Aufmerksamkeit ist genau das, was die Szene braucht, um das Niveau zu steigern."

Das Niveau steigern ist auch das richtige Stichwort für Maurers sportliche Zukunft. Nachdem sie ihren Kindheitstraum vom professionellen eSport bereits lebt, ging sie Anfang des Jahres mit ihrem Wechsel von G2 zu Team Vitality den nächsten Schritt. Für die französische Organisation wird sie mit den Rising Bees antreten und strebt nicht weniger als den "ersten Platz in Europa und die Weltmeisterschaft" an. Erfolge, die mehr sein sollen als ein persönlicher Triumph. 

mja

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